Einführung

Einführung

Krankheitsbedingt konnte ich nur den folgenden Teil der Einführung verfassen. Für fehlende Literaturangaben kann das „Schriftenverzeichnis“ hier auf meiner Homepage herangezogen werden. Als Hintergrundinformationen zu den nicht besprochenen Beiträgen können meine Ausführungen in „Annäherungen“, ebenfalls auf meiner Homepage, genutzt werden. Eine umfangreiche Dokumentation meiner beruflichen Tätigkeiten im Statistischen Bundesamt liegt mit meinem Vorlass N 1794 im Bundesarchiv Koblenz vor.

Der Titel dieser Zusammenstellung meiner Beiträge zum Thema „Gesamtrechnungen für eine nachhaltige Gesellschaft“ verwendet den Titel der von der amerikanischen Historikerin Barbara Tuchman verfassten Abhandlung „Sand gegen den Wind, Amerika und China 1911 – 1945 (Fischer: Frankfurt am Main 1988). Hauptperson dieses Buches ist Joseph Warren Stilwell (1883 – 1946). Im zweiten Weltkrieg versuchte der amerikanische General vergeblich, Chiang Kai-shek zu einer aktiveren Rolle gegenüber den japanischen Truppen zu bewegen, die weite Teile von China besetzt hatten. Mehr als die Japaner fürchtete Chiang Kai-shek aber seinen kommunistischen Rivalen Mao Tse-tung, der ihn schließlich auch besiegte und zum Rückzug auf die damalige Insel Formosa zwang.

Mit dem chinesischen Sprichwort „Sand gegen den Wind“ charakterisiert Barbara Tuchman die vergeblichen Bemühungen von General Stilwell. Als großer Liebhaber der chinesischen Kultur und dem Erlebnis der Sanddünen der Wüste Gobi kam mir dieses Sprichwort auch in den Sinn, wenn ich an meine jahrzehntelangen Arbeiten auf dem Gebiet der Gesamtrechnungen dachte. Ich stellte mir die Frage, ob es mir nicht ähnlich gegangen ist wie Stilwell und meine Anstrengungen zur Weiterentwicklung von Gesamtrechnungen nur vergebliche Liebesmüh waren.

Mein Bestreben war es immer gewesen, gerade Aspekte der Gesellschaft zu beleuchten, die durch die Dominanz des ökonomischen Denkens im Schatten der Berichterstattung standen. Dazu gehörten für mich seit den 70er Jahren vor allem die negativen Auswirkungen der ökonomischen Aktivitäten auf unsere natürliche Umwelt. Es war für mich eine große Ehre und Freude, dass ich in den Jahren 1989 bis 1992 ein Handbuch über die Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft und Umwelt entwerfen konnte, das dann 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro vorgestellt wurde. So konnte ich einen Beitrag zur Unterstützung von zwei schwachen Partnern unserer internationalen Gesellschaft leisten: der natürlichen Umwelt und den Entwicklungsländern, die durch die Ausbeutung ihrer Bodenschätze durch die Industrienationen litten (und immer noch leiden).

Bereits auf der Rio-Konferenz wurde das Konzept einer nachhaltigen Entwicklung vorgestellt, bei der ökonomische, ökologische und soziale Ziele gleichberechtigt verknüpft werden. Daher wurde es in den 90er Jahren für mich immer wichtiger, Konzepte für Gesamtrechnungen zu entwickeln, die als empirische Grundlage für umfassende Analysen aller drei Aspekte der Nachhaltigkeit dienen könnten. Dazu gehörte vor allem ein Gesamtrechnungssystem für eine umfassende Analyse aller menschlichen Aktivitäten in unserer Gesellschaft.

Aus meinem Schrifttum habe ich siebzehn, teils veröffentlichte, teils aber auch bisher unveröffentlichte Beiträge ausgesucht, die sich mit dem Thema „Gesamtrechnungen und nachhaltige Gesellschaft“ beschäftigen. Sie sind in chronologischer Reihenfolge wiedergegeben und werden im Folgenden kurz vorgestellt (Im Folgenden gehe ich nur auf die ersten drei Beiträge ein)

Beitrag 1 enthält eine kurze Beschreibung des „System of Environmental and Economic Accounting“ (SEEA), das ich im Auftrag der United Nations (UN) entwerfen konnte und dann 1973 und 1974 als Handbuch der UN in sechs Sprachen veröffentlicht wurde (United Nations 1993). Bei der Abfassung waren vor allem die Kollegen beim Statistischen Amt der Vereinten Nationen, Peter Bartelmus und Jan van Tongeren, sehr hilfreich, in Deutschland wurde ich besonders von Günter Hamer, dem ehemaligen Vizepräsidenten des Statistischen Bundesamtes, unterstützt. Der vorliegende Text beruht auf einem Vortrag, den ich im Oktober 1993 auf einer Tagung zu Ehren von Sir Richard Stone, dem „Vater der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen“ gehalten habe

Auf drei Charakteristika dieses Systems möchte ich besonders hinweisen, die für die weitere Diskussion von besonderer Bedeutung wurden:

  • Von Peter Bartelmus und Jan van Tongeren stammte das duale Konzept für die Bewertung der Umweltbeeinträchtigungen durch die Wirtschaft (siehe dazu auch Bartelmus, Stahmer und van Tongeren 1991): Die dadurch entstandenen tatsächlichen monetären Kosten in einem Land unabhängig von den Verursachern stehen den Kosten gegenüber, die durch die eigenen Wirtschaftstätigkeiten im In- und Ausland verursacht wurden (United Nations 1993, Teil IV, S. 91 – 118)).
  • Angeregt vor allem durch die Arbeiten von Robert Ayres (siehe Stahmer 2025, Abschnitt IV.16) fand ich es von zentraler Bedeutung, eine vollständige Darstellung der materiellen Ströme vorzusehen, die im Zusammenhang mit der ökonomischen Nutzung der Umwelt zu beobachten sind (United Nations 1993, Teil III, S. 67 – 90). Spätere empirische Rechnungen zeigten, dass nur etwa ein Zwölftel dieser Materialströme monetär bewertet wurden und dann in den traditionellen Gesamtrechnungen Berücksichtigung gefunden hatten. Als physikalische Größen werden außerdem auch die Arbeitsstunden der Erwerbstätigen gezeigt.
  • Ein besonderes Anliegen von mir war die Darstellung einer Erweiterung des Produktionsbegriffs (United Nations 1993, Kapitel V.A, S. 119 – 129). Alle privaten Aktivitäten der gesamten Bevölkerung werden als produktive Tätigkeiten angesehen, da sie zumindest Umweltbeeinträchtigungen in Form von Rest- und Schadstoffen produzieren. Als physikalische Größen werden zusätzlich die Stunden nachgewiesen, die mit den Aktivitäten verbracht wurden. Zusammen mit den Arbeitsstunden bei der Erwerbsarbeit zeigt diese Variante des SEEA damit die gesamte Zeitverwendung der Bevölkerung im Untersuchungszeitraum.

Beitrag 2 enthält einen kurzen Text, den ich im November 1993 verfasste und der noch nicht veröffentlicht ist. Sein Titel lautet „Towards an Eco (Green) Domestic Product – My vision“. In diesem Beitrag schildere ich die verschiedenen Bewertungsformen der ökonomischen Beeinträchtigung der Umwelt und schlage vor, dass Industrieländer zwar mit Berechnungen der Umweltbelastungen im eigenen Land beginnen könnten, dann aber im Sinne des Prinzips Verantwortung eine Volkswirtschaft modellieren sollten, von der keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt ausgingen, unabhängig ob sie im eigenen Land oder in anderen Weltgegenden auftreten. Dabei sollten auch die Umweltbeeinträchtigungen einbezogen werden, die mit der Herstellung von Importgüter in den Herkunftsländern verbunden sind.

Es war für mich eine große Ehre und Freude, zu dem Autorenteam unter der Leitung von Wouter van Dieren zu gehören, das 1995 einen Bericht über „Takung Nature in Account“ vorlegte. Im Sommer 1995 wurde zunächst die englische Ausgabe in Brüssel präsentiert (Wouter van Dieren 1995a), dann stellte ich unmittelbar danach in Hamburg auch die deutsche Fassung mit dem Titel „Mit der Natur rechnen“ vor (Wouter van Dieren 1995b). Ich konnte in diesem Bericht ausführlich über die Bewertungsformen der ökonomischen Umweltnutzung referieren, die wir im „System of Integrated Environmental and Economic Accounting“ vorgeschlagen hatten und auch meine Priorität für Bewertungen im Sinne des Prinzips Verantwortung erläutern.

In einem ZEIT-Beitrag vom Oktober 1995 schilderte ich dann prioritäre Aussagen des Club-of-Rome Berichts. Meinen recht zurückhaltenden Vorschlag für den Titel ersetzte die ZEIT-Redaktion durch die drastische Formulierung „Aufstand der Erbsenzähler“. Beitrag 3 enthält meinen Textvorschlag mit Hinweisen auf Kürzungen die für die Veröffentlichung vorgenommen wurden.

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